Was passiert, wenn eine Allergie nicht ursächlich behandelt wird?
Prof. Dr. med. Eckard Hamelmann, Ruhr-Universität Bochum im St. Josef-Hospital
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Eine Allergie kann sich zuerst oft an den oberen und unteren Atemwegen, also an Nase, Mund und Rachen, oder im Verdauungsapparat im Sinne einer Nahrungsmittelunverträglichkeit äußern. Im Vordergrund stehen hier entzündliche Veränderungen der Haut und/oder der Schleimhäute, ein typisches Symptom ist der Juckreiz und die Rötung. Diese Reaktionen beruhen darauf, dass bestimmte körpereigene Abwehrzellen gegen eigentlich harmlose Umweltstoffe oder Nahrungsmittel im Sinne einer Abwehrreaktion reagieren und sozusagen „Alarm schlagen“. Durch Freisetzung von bestimmten Botenstoffen der Entzündung, wie z. B. Histamin, werden die typischen Symptome einer Allergie wie Schnupfen, Husten, Niesattacken, Juckreiz oder Hautekzeme hervorgerufen.
Wenn eine Allergie nicht frühzeitig erkannt und rechtzeitig behandelt wird, drohen zwei Probleme: Erstens kann es durch die fortgesetzte Entzündungsreaktion zu einer Chronifizierung der Erkrankung kommen, die Allergie bleibt also über einen längeren Zeitraum oder mehrere Jahre bestehen und schreitet voran. Zum zweiten kann sich die allergische Reaktion auch auf weitere Organe ausbreiten. In diesem Zusammenhang ist besonders das Risiko zu erwähnen, dass bei einer bestehenden allergischen Rhinitis (Heuschnupfen) ein allergisches Asthma entsteht. Dieser sogenannte „Etagenwechsel“ ist bei etwa zwei Drittel aller Patienten mit einer allergischen Rhinitis zu beobachten und bedeutet zusätzlich zu der Einschränkung der Lebensqualität aufgrund der Heuschnupfenerkrankung eine ernstzunehmende weitere Beeinträchtigung. Auch im Sinne der Ausweitung der Allergie können weitere Allergene krankheitsauslösend werden. So kann aus einer ausschließlichen Frühblüherallergie nach einigen Jahren eine kombinierte Allergie gegen frühblühende Bäume, Gräser, Pollen und Milben werden. Das bedeutet für den Patienten, dass er unter Umständen von Januar bis spät in den Herbst hinein mit den Problemen einer allergischen Atemwegserkrankung zu kämpfen hat, zusätzlich auch durch die Kreuzreaktion zwischen den Pollenallergenen mit Bestandteilen vieler Nahrungsmittel auch ein so genanntes orales Allergiesyndrom entsteht, bei dem nach Genuss bestimmter Lebensmittel, z. B. Äpfeln oder Karotten, oft sehr unangenehme Empfindungen im Mund- und Rachenbereich auftreten.
Entsprechend ist die frühzeitige Diagnose einer allergischen Erkrankung und die rechtzeitige, möglichst kausale Behandlung das vordringliche Ziel. Neben den üblichen Medikamenten zur Bekämpfung der typischen allergischen Symptome (vor allem Antihistaminika und Kortisonspray für die Nase und/oder die Lunge) spielt hier die sogenannte Allergie-Impfung/ Hyposensibilisierung eine wesentliche Rolle. Diese stellt die einzige kausale Behandlungsmöglichkeit dar, bei der durch Verabreichung definierter Mengen des spezifischen Allergens entweder in Form einer subkutanen Spritze oder in Form einer Tablette/Allergenlösung in den Mundbereich das Immunsystem trainiert wird, das an sich harmlose Allergen auch wieder als ein solches zu erkennen und die krankheitsfördernde Immunreaktion einzustellen. Dies gelingt im positiven Sinne bei 80 – 90% aller Patienten und führt zu einer signifikanten Verminderung der Krankheitssymptome. Besonders wichtig ist hier anzumerken, dass eine erfolgreiche Immuntherapie das Risiko für Asthma bei bestehender Heuschnupfenerkrankung etwa halbiert, ebenso das Risiko für die Sensibilisierungen gegen weitere Allergene. Entsprechend ist also die frühzeitige Behandlung mit dieser kausalen Option eine wichtige Maßnahme für alle allergischen Patienten und sollte zwischen Patienten, bzw. Angehörigen und dem Allergologen bzw. behandelnden Arzt immer ausführlich angesprochen und geklärt werden.